Kolumne,  Special

Miku’s Kolumne: Herzensworte zum Geburtstag

Miku’s Kolumne – hier schreibt BEAUTV-Head ZockMiku zuweilen seine persönlichen Gedanken nieder, auch wenn sie mal mehr, mal weniger Off Topic sind.

Heute hat eine mir wichtige Person Geburtstag. Und zu diesem Anlass würde gerne ein paar Worte aufschreiben. Wer mich kennt, weiß dass ich zwei große Lieben habe: Die Community rund um Anime und Co einerseits, die Welt rund um Brett-, Karten- und Rollenspiele andererseits. Lange Zeit stand ersteres alleine für sich, bis es zu einem Bruch kam. Durch die Welt der Spiele fand ich zurück in die Phantastik-Szene, wenn auch in anderen Bereichen. Und durch das Schreiben kam ich irgendwann zurück auf Anime-Cons, und bin letztlich zu meiner eigenen Anime-Figur als Vtuber geworden.

Sowohl die damaligen Jahre im Anime-Fandom als auch die spätere Zeit in der Spielewelt haben jedoch kaum Schnittmengen. Na klar, ich kenne noch ein paar Leute von früher, die man auf Cons trifft, und habe Freunde die Rollenspieler sind und Animes schauen. Aber über all die Zeit begleitet hat mich eigentlich nur eine Person. Nur eine, mit der ich besonders schöne Ereignisse aus beiden Zeiten verbinde: Meine Mutter. Okay, das mag seltsam klingen, wenn man bedenkt dass beispielsweise die Jugend eher eine Zeit der Abgrenzung ist. Aber rückblickend eben doch nicht unbedingt. Und ohne sie wäre wahrscheinlich alles ganz anders verlaufen.

Ende der 90er

Als ich Sailor Moon entdeckt hatte und fasziniert war von „japanischen Comics“ gab e einen Türöffner für mich: Die AnimaniA. Das damals einzige Magazin zum Thema zu einer Zeit, als ich schon fast elitär war weil ich einen PC besaß – Internet war damals noch ein Fremdwort. Als ich im Frühjahr 1998 die für mich legendäre Nummer 21 erwarb hab ich sie versteckt. Weil ich nicht wollte, dass meine Eltern sehen dass ich stolze 12,80 DM für ein einfaches Heft mit Comicfiguren ausgegeben habe. Aber natürlich hat meine Mutter es dann doch irgendwann beim Aufräumen gefunden, und begeistert war sie nicht. Aber letztlich war es ja mein Taschengeld.

Verboten hat sie mir das vermeintliche Geld rauswerfen nicht, stattdessen hat sie mich unterstützt. Im Sommer des Jahres waren wir im Allgäu im Urlaub, und weil in der AnimaniA immer Werbung für Läden war, wusste ich dass es in München einen richtigen Laden nur für Animes und Mangas gab – soweit ich mich erinnere der einzige zu der Zeit: Das Neo Tokyo. Dank meiner Mutter konnte ich dorthin – mit einem Tagesausflug in die große Stadt, zum entlegenen Laden, der für mich zuvor wie ein unerreichbares Paradies schien. Auch wenn ich bei weitem nicht so viel kaufen konnte wie ich wollte (wann kann man das schon…) war es unfassbar, alleine schon dort zu sein und die vielen tollen Sachen zu sehen! Man bedenke, dass es damals Glück bedurfte, in Comicläden überhaupt eine Hand voll VHS-Kassetten mit Animes zu finden, und Mangas waren noch rarer zu finden. Meine Mutter wartete geduldig draußen, während ich unverschämt lange drinnen war. An den restlichen Tag kann ich mich eigentlich gar nicht mehr erinnern. Tja, Fokus und so. Und ich glaube ich habe mich nie bedankt für den Tag. Mach ich es jetzt: Danke, Mama!

Weil ich aber so gerne wieder in so einen Laden wollte schauten wir, was es noch für Anzeigen gab. Und ja, es gab noch etwas in der relativen Nähe: In Düsseldorf, ein japanischer Buchladen. Klar, dass ich da hin wollte! Also machten wir im Spätsommer beziehungsweise frühen Herbst wieder einen Ausflug, diesmal in unsere Landeshauptstadt. Ich glaube meine Mutter hat gar nichts von diesem Tag gehabt, ich dafür umso mehr. Das Wichtigste: Der Buchladen hatte gerade erst einen Anime-Fanclub gegründet – und ab diesem Tag war ich dort auch Mitglied. Mein Schritt in die Szene, die Grundlage für alles Weitere: Clubtreffen, Freundschaften, kleine Treffen, eigener Fanclub, Fanzines… alles nahm seinen Anfang an diesem Tag im Jahre 1998. Wie wäre mein Leben verlaufen, wäre ich nicht mit meiner Mutter nach Düsseldorf gefahren? Ich schätze, ihr ist nicht bewusst, wie sehr alles weitere in meinem Leben von diesem Punkt ausgegangen ist.

Weitere Jahre

Ich erinnere mich auch den ersten Japantag, damals, 2002. Unsere bunte Anime-Community war noch viel kleiner als heute, Cosplay war eine kleine Nische darin, und der Japantag war entsprechend viel weniger bunt. Aber nichtsdestotrotz fabelhaft. Als Otaku war man natürlich auch Japan-Fan, und so war das Kulturfest am Rheinufer ein absoluter Höhepunkt. Und auch mit meiner Mutter verbunden, denn beim ersten Japantag war ich mit ihr zusammen dort.

Und auch wenn ich alle andere Events alleine beziehungsweise mit meinen Freunden besuchte, so bleibt meine Frühzeit in der Anime-Szene eben auch immer mit meiner Mutter verbunden. Und ich erinnere mich gerne daran zurück. Auch wenn sie wohl nicht immer verstanden hat, was ich an diesen gezeichneten Werken so mag, warum Conventions es wert sind dafür viel Geld auszugeben oder warum man überhaupt so in eine Fanszene eintaucht. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass sie jemals versucht hätte mir etwas davon auszureden. Und dass in einer Zeit, als Comics noch als etwas nur für Kinder galt, Fantasy noch nicht im Blockbuster-Kino angekommen war und der gesellschaftliche Vorwurf des „Eskapismus“ gegen die Phantastik noch viel präsenter und vorwurfsvoller war als heute. Aber vielleicht war meine Mutter auch einfach zu cool dafür? Meine Mutter strickt und häkelt zwar, aber gleichzeitig hat sie die einflussreiche Mystery-Serie Akte X viel früher geschaut als ich. Und dank ihrer handarbeiterischen Fähigkeiten hab ich einen Kero-chan aus Card Captor Sakura, der weit besser aussieht als jedes Kauf-Plüschie.

Eine Sache muss ich aber noch loswerden zum Anime-Block: Eines meiner schönsten Geburtstagsgeschenke! Im Laufe der Jahre vergisst man viele solcher Geschenke, gleich ob zum Geburtstag oder zu Weihnachten. Außer die Modelleisenbahn, die ich als Kind zu Weihnachten bekam, und fertig aufgebaut ihre Runden drehte in unserem Wohnzimmer, als zur Bescherung geläutet wurde. Davon abgesehen erinnere ich mich aber an ein Artbook zum Geburtstag, eine der wenigen Geschenke die im Gedächtnis blieben. Dabei handelte es sich um einen Doppelband (farbiges Artbook und s/w Comicbuch) im Schuber zur Serie Bastard. Aber eigentlich ist egal, welches Artbook es war. Denn die Frage ist eher, wie es dazu gekommen ist. Meine Mutter hat nicht einfach irgendwas gekauft, Geld geschenkt oder so etwas. Nein… still und heimlich hat sie die Leiterin meines Fanclubs angerufen, ist ebenso heimlich nach Düsseldorf gefahren, hat sich dort mit ihr getroffen und – damit es mir gefällt – sich von der Fanclubleiterin, die mich ja gut kannte, beraten lassen. Und hat dann dieses Artbook im japanischen Buchladen gekauft. Ich war wirklich beeindruckt, dass sie sich die Mühe gemacht hat, nur um mich damit zu überraschen. Und deswegen erinnre ich mich noch immer daran. Nicht wegen dem Buch im Regal.

Zwischenblock: Kindheit

Das hat nun gar nichts mit den Themen Anime und Spiele zu tun, aber ich will trotzdem ein paar Zeilen dazu verlieren. Denn natürlich verbinde ich mehr als diese beiden Themen mit meiner Mutter. Generell war ich ja immer ein Mutterkind, muss ich rückblickend sagen. Und wo ich als Teenager so manchen Streit auch mit meinen Eltern hatte, so hatte ich auch eine schöne Kindheit mit ihnen. Ich hatte das Glück, ohne Geldsorgen, größeren Familienproblemen oder ähnlichem aufzuwachsen. Stattdessen gab es täglich frisch gekochtes Essen, 3 Wochen Urlaub im Jahr und ein eigenes Zimmer. Und Eltern die sich gekümmert haben, die mit mir gespielt haben, draußen waren, viel unternommen haben. Ich kann wohl sagen, dass ich damit Glück hatte, und es mir besser erging als leider vielen anderen.

Vieles hab ich mit meinem Vater gemacht als Kind, und wenn wir zurück waren immer aufgeregt meiner Mutter alles erzählt. Aber ich erinnere mich auch an so einiges mit ihr. Zum Beispiel Schwimmen gehen – schnell nach der Schule ins Schwimmbad, solange der Sparpreis gilt. Auch heutzutage sind einige Straßen für mich vor allem Erinnerungen an unsere üblichen Parkplätze. Ich erinnere mich auch an denTag in der Stadt, wo meine Mutter mir meine erste BRAVO gekauft hat, oder das jährliche Ostereier bemalen an einer hässlich-beigen Malstation. Und nicht zu vergessen das Einkaufen in der Stadt, mit Pizza essen – erst beim Nudelland, später an der Kreuzkirche. Es ist Jahrzehnte her, und doch sehe ich heute noch diese Läden, denke an damals, und würde trotz zig Inhaberwechseln unseren Platz immer wieder finden.

Rückblickend habe ich viele Erinnerungen, die man erst mit Abstand zu schätzen weiß. Was früher Alltag war, ist heute lange her und kommt so nicht wieder.

Welt der Spiele

Umso schöner, dass ich auch in der jüngeren Vergangenheit noch etwas mit meiner Mutter unternehmen konnte. Ein paar Jahre nach meinem zeitweisen Ausstieg aus dem Anime-Fandom fand ich zu Brett-, Karten- und Rollenspielen. Wie ich halt so bin, hab ich etwas davon auch meiner Mutter gezeigt, und konnte sie dafür begeistern. So haben wir, wenn ich sonntags zu Besuch war, Dominion gespielt. Anfangs die beiden Basisspiele, später mit mehr Erweiterungen und Komplexität. Ich habe es geliebt, und es wurde fast ein Ritual. Zeitweise haben wir sogar mehrmals pro Woche online gespielt, auch um zu trainieren – denn immerhin gab es ja einmal im Jahr bei uns in der Stadt ein Qualifikationsturnier zur Meisterschaft.

Und als es das nicht mehr gab, haben wir halt angefangen stattdessen Carcassonne zu spielen. Gut genug, um als Nachrückende zur Deutschen Meisterschaft auf der SPIEL in Essen zu dürfen. Ich einmal – meine Mutter sogar zweimal. Auch wenn mein Vater es nicht nachvollziehen konnte, warum meine Mutter dorthin gefahren ist. Klar, wir waren beide nie gut genug um ernsthaft um die Spitze zu spielen. Aber das war egal, denn es hat Spaß gemacht, und war ein tolles Ereignis! Und so konnte ich ihr auch etwas mehr von „meiner Welt“ zeigen. Von der tollen Community, Freunden und der bunten Welt da draußen, oder eher: da drinnen, in der Halle. Ich habe es geliebt, meine Mutter so freudig und strahlend zu sehen, und wer kann schon von sich behaupten zusammen mit Mama auf der weltgrößten Spielemesse zusammen auf einer Deutschen Meisterschaft zu spielen?

Selbst die Ranglistenspiele, die ich über meinen Verein organisiert habe, waren auch immer für sie gedacht. Um etwas zusammen zu unternehmen, abseits der üblichen Besuche mit der Routine. Und ich habe immer gehofft, dass wir zusammen noch einmal auf die Meisterschaft könnten.

Geburtstage(e)…

…kommen und gehen, und wir alle werden älter. Es geschieht langsam, bis zu einem Punkt wo es einem bewusst wird. Auch meine Mutter ist mit den Jahren älter geworden, und mir wurde dies bewusst, als sie mir sagte dass sie gar nicht mehr zu einer weiteren Meisterschaft möchte. Zu anstrengend. Mir hat das schmerzhaft klar gemacht, dass sie älter wird. Okay, es hätte mir klar sein müssen, schließlich sind meine Eltern in Rente und nicht mehr so in Action wie früher.

Ich würde meine Eltern gerne so fit sehen wie früher, als wir zusammen so viel unternommen haben. Aber wie schon geschrieben: Was einst Alltag war, ist irgendwann Vergangenheit und kommt nicht mehr wieder. So werde ich wohl nicht mehr mit meiner Mutter auf größere Turnier fahren, und an Großveranstaltungen wie den Japantag ist erst recht nicht zu denken. Vielleicht bleibt das Ausprobieren eines halbwegs exotischen Restaurants oder das Schauen eines neuen Films das Höchste der Gefühle, wer weiß?

Aber das ist okay. Es geht ja nicht darum, was ich gerne will. Meine Mutter muss es ja auch wollen. Und wenn sie nicht mehr auf Turniere will und damit glücklich ist, sollte mir das ausreichen. Wir haben so viel zusammen gemacht in 39 Jahren, haben so viel erlebt, und haben so viele schöne Erinnerungen. Ich denke, insgesamt kann sich niemand von uns beiden beklagen, ganz im Gegenteil. Auch wenn sicher nicht immer alles perfekt war und es mal Streit gab, so überwiegt doch ganz sicher das Gute, und so spontan würde mir nicht einmal etwas Negatives einfallen.

Obwohl, mir fällt doch eine Sache ein. Mein Vater hatte zum runden Geburtstag einen humorig-liebevollen Text von mir bekommen, vorgetragen beim Essen. Als meine Mutter zwei Jahre später rundete gab es von mir nur ein gewöhnliches Geschenk, und ich glaube sie war enttäuscht.

Tut mir leid Mama. Aber auch wenn es gedauert hat, hast Du jetzt auch einen Text bekommen. Auch wenn es kein runder Geburtstag ist. Geburtstag ist ja trotzdem, und ich bin froh über jedes weitere Jahr dass wir zusammen haben. Auch ohne Turniere und Co. Und Du weißt ja, dass ich noch immer wie früher gerne erzähle und dich an meinem Leben teilhaben lassen will. Auch wenn ich zu selten Danke sagen. Zumindest heute nicht: Danke, Mama. Danke für deine Unterstützung, deine Zeit, deine Liebe und so viel Gutes, Schönes und Erinnerungen im Herzen. Lass uns noch viele weitere sammeln, in vielen Jahren, mit vielen Geburtstagen. Danke für alles. Ich hab dich sehr lieb. Und weißt Du, wenn wir heute Sushi essen gehen, ist es ja auch wenig so, als wenn ich dich in meine Japan-inspirierte Welt mitnehme, so wie Du damals mit mir nach München und Düsseldorf gefahren bist. In dem Sinne: Alles Gute zum Geburtstag!