Events,  Special

DoKomi 2021 – Präsenz-Edition: Die Con des Jahres aus Vtuber-Sicht

Trotz langsam aber stetig steigenden Zahlen fand auch dieses Jahr eine DoKomi statt: am vergangenen Wochenende. Im Sommer statt im Frühling, mit nicht mal halb so vielen Besuchenden wie vor der Pandemie und umfassendem Hygienekonzept. Aber auch mit weniger Stars, Programm und Ausstellenden. Aber egal – die DoKomi ist das eine große Präsenz-Event in diesem Jahr, und trotz schlankerem Umfang war es klasse – auch wenn nicht alles perfekt war.

Persönliches Vorwort

Beim Mobilen Impzentrum auf der Messe konnte man sich spontan impfen lassen

Ursprünglich wollte ich für eine andere Seite einen umfassenden Beitrag schreiben – aus Skepsis gegenüber Großveranstaltungen in Pandemiezeiten entschied man sich dort jedoch gegen eine Berichterstattung. Weswegen ich dieses Jahr erstmals mit einer Besucherkarte dort war, statt wie sonst mit Presseakkreditierung oder Ausstellerticket. Dass ich nun überhaupt einen Beitrag verfasse war eher eine spontane Idee, und statt möglichst allumfassend zu berichten wird es nun mehr um das Thema Vtubing gehen, zusammen mit mehr persönlichen Eindrücken und schlechteren Bildern (als formelle Nicht-Presse darf man leider nicht vor der Bühne Bilder machen). Einen Vergleich zur letztjährigen DoKomi ist dabei zudem nicht möglich, da ich mich damals als Risikopatient gegen eine Teilnahme entschieden habe.

Hygienekonzept und Umsetzung

Schönerweise hat das Konzept trotz verbreiteter Skepsis im letzten Jahr gut funktioniert: Kein einziger bekannter Infektionsfall im Zusammenhang mit der Messe – was man dank Kontaktnachverfolgung mit hoher Wahrscheinlichkeit erfahren hätte. Entsprechend zuversichtlich konnte man in diesem Jahr hingehen, zumal mittlerweile immer mehr Menschen geimpft sind und die Congänger*innen auch nicht gerade als Querdenkende oder Maskenmuffel bekannt sind.

Auf den Gängen des CCD war es meist sehr leer

Schon in der Nähe des Messeingangs fanden sich Mitarbeitende des Security-Teams, die zum Tragen der Masken aufriefen. Auch in der Schlange wurde durch Security und Helfende hierauf geachtet, zudem gab es hier sowie an unzähligen Standorten auf dem Gelände Desinfektionsspender. Teils wurde beim Betreten von Hallen bzw. dem CCD Süd sogar zur Desinfektion aufgefordert durch das Team. Zu meiner Ankunftszeit gegen 11 Uhr gab es übrigens keine Wartezeiten beim Einlass – ein einziger flüssiger Fluss, sehr schön. Taschenkontrollen wie früher gab es allerdings auch nicht mehr – diese fanden nur noch in Stichproben statt.

Die Umsetzung im Inneren war dann eher gespaltener Natur – zwischen hervorragend und unmöglich. An diversen Stellen gab es eine Wegführung, Bereiche mit erwartbaren Warteschlangen wie der Bring&Buy hatten eine begrenzte Schlange im Inneren und Weiterführung im Außenbereich, und in den Räumen des CCD gab es eigene Zählungen der Personen im Inneren, so dass hier jederzeit das Maximum eingehalten wurde.

Viel Platz im Ballsaal aka Matinee

Selbst bei kleineren Warteschlangen wie zum Beispiel für Autogramme nach einem Konzert kamen zuweilen Helfende um die Besuchenden auf das Einhalten der Abstände hinzuweisen. Vor der großen Bühne (Black Stage aka Halle 5) waren einzelne Stühle mit Abständen; bei den fest montierten Sitzen der Live Stage im CCD war jeder zweite Platz mit roten Markierung versehen und somit gesperrt. Verstöße konnte ich keine sehen – was es wie zu beachten gab wurde allerdings auch beim jeweiligen Eingang, wie auch bei anderen Räumen, von den Einlasshelfer*innen erklärt. Und zwar allen, immer und immer wieder. Starke Leistung des Teams, die ihre Standard-Hinweise nun vermutlich noch im Schlaf murmeln.

Weniger gut lief es dagegen in den Hallen an den Ständen und auch im Außenbereich. Es gab zwar breitere Gänge (was sich vor allem in der Halle mit den Verkaufsständen positiv bemerkbar machte) und Abstände zwischen den Stände (wodurch vor allem bei den Fan-/Artistständen nicht mehr alles so gedrängt wirkte), aber das reguläre Einhalten der Abstände war dennoch Utopie. Zugegeben: ich selbst bin in den zwei Tagen nur zweimal kurz mit anderen Menschen aus Versehen in kurzen Kontakt Arm an Arm gekommen. Die veröffentlichen Verhaltensregeln  sagen aber: „Versuche stets mindestens 1,5 Meter Abstand (…) einzuhalten. (…) Sollte es mir mal schwer fallen, den Abstand einzuhalten, warte am besten einen kurzen Augenblick, bis wieder genug Platz ist.“

Abstand halten in der Halle kommerzieller Händler?

Ja, hätte ich machen können. Zynisch gesagt: Dann würde ich in einer Ecke stehen und da bis zum Ende des Tages bleiben. Alleine, um sich in den Hallen zu bewegen, inmitten von vielen anderen die sich ebenso bewegen, war es unvermeidbar näher als 1,5 Meter aneinander vorbei zu gehen. Auch an den Ständen war 1,5 Meter zu den benachbarten Besuchenden kaum möglich. Gut, man hätte mit etwas Abstand zum Stand stehen können, bis andere diesen verlassen. Dann würde man im Gang stehen, und dort für mehr Enge sorgen und das Entstehen von Hotspots, wo es eh zuweilen zu regelrechtem Gedränge kam – insbesondere an Kreuzungen und mit Personengruppen. Auch im Außenbereich war es meist relativ voll – was aber auch nicht verwundert, durfte man hier ja (mit Abstand, theoretisch) die Maske „kurz“ abnehmen. Mein Eindruck war, dass die meisten – sinnigerweise – zum Essen und Trinken auch nach draußen gingen.

Artist Alley von oben

Je länger die Con ging, umso mehr Personen saßen jedoch auch alleine oder in Gruppen ohne Maske im Außenbereich. Vereinzelte Security-Anweisungen zum Aufsetzen der Masken gab es zwar, allerdings konnte dafür schon einige Zeit vergehen, bis irgendwer etwas sagte.

Unsicher hab ich mich dennoch nicht gefühlt: Im Inneren wurden die Masken immer korrekt getragen, und so eng/voll wie früher war es definitiv auch nicht. Im Supermarkt ist es je nach Zeit auch nicht unbedingt leerer, und „draußen“ ist bekanntermaßen nicht der klassische Hotspot, sondern eher nachrangig beim Infektionsgeschehen.

Takanashi Kiara

Eine der drei unter „Highlights“ gelisteten Ehrengäst*innen war Vtuberin Takanashi Kiara – die österreichische (in Englisch streamende) Vtuberin von hololife EN. Was im Mai auf der DigiKomi im Mai passend war (da digitale Con) konnte nun die ein oder andere Person verwundern. Wie macht sich auf einer Präsenzveranstaltung eine digitale Person? Antwort: Gar nicht schlecht. Zumindest nicht bei ihrem zweiten Auftritt.

Doko Me & U Podcast

Der erste Auftritt war eine Ausgabe des Video-Podcasts „Doko Me & U“ am Samstag Mittag. Während die drei anderen Teilnehmer/Moderatoren auf der Bühne des Live Stage saßen, war Kiara per Videoübertragung zugeschaltet und quasi auf der Leinwand zu sehen. Das Panel könnt ihr hier ansehen, als Teil der Twitch-Übertragung. Nach ein paar technischen Problemen der ersten Ausgabe des Formats vor Publikum vor Ort ging es dann um das Thema „Conventionfieber“. Kiara selbst ist ab der Zeitmarke 1:08:30 dann auch zu sehen. Gespannt waren die Fans natürlich, was Kiara so zu erzählen hätte.

Beispielsweise:

  • Ihre erste Con war eine Leipziger Buchmesse vor einer halben Ewigkeit bzw. vor 10 Jahren
  • Ihr ganzer Freundeskreis besteht aus Con-Freundschaften
  • nach Eigenaussage hat sie sich blamiert durch nicht vorhandene Skills beim Schwertkampf auf einer anderen Con
  • sie war u.a. auch schon auf Cons in Frankreich, Brasilien und Japan (dort z.B. auf der Tokyo Game Show und der Comiket)
  • auf einer Gamescom dagegen war sie noch nie
  • sie schaut sich das Programm von Cons vorher nie an
  • Checklisten für Cons macht sie „theoretisch“, vergisst aber trotzdem immer etwas
  • sie hofft, wenn sie irgendwann 3D ist, dass sie dann im Stile von Hatsune Miku (Expo) Style mit einem durchsichtigen Screen auf einer Bühne performen könnte
  • als Stadtmensch ist ihr österreichischer Dialekt ist nicht sehr ausgeprägt und kommt nur zum tragen, wenn andere mit ihr Dialekt sprechen

Am Ende des Panels gab es die Möglichkeit vor Besuchende vor Ort, Fragen zu stellen, was zur Frage nach Dialekt führte bzw. wie sie damit klingt.

Konzert

Unter dem simplen Titel „Karaoke“ fand am Samstag Nachmittag Kiaras zweiter Auftritt statt – was für Zuschauende vor Ort lohnender war als der Podcast zuvor. Schließlich gibt es nicht viele Konzerte von Vtuber*innen vor Präsenzpublikum. Der Auftritt ist hier zu sehen – leider ist das Publikum kaum zu hören bei der Streamaufzeichnung, was viel von der Atmosphäre nimmt. So bot dieser Auftritt tatsächlich für die Besuchenden der Messe einen echten Mehrwert.

Zwar gab es auch einzelne Karaoke-Stücke, aber auch einige Lieder von hololive, und auch ganz eigene Stücke von ihr. Die Frage war natürlich: Wie würde es ankommen? Die Plätze der Live Stage waren gut gefüllt (im Rahmen des Hygienekonzepts), und dank der hervorragenden Tontechnik war der Klang wirklich gut. Faszinierender war jedoch die Stimmung. Anfangs eher verhalten, steigerte sich das Publikum mit jedem Stück mehr in Applaus, was wohl auch auf einige Fans zurückging, die mit Jubel, Schreien und Lichtern aktiv zur Atmosphäre beitrugen und andere mutmaßlich mitrissen – wie auch die Songs selbst. Zudem bemühte sich Kiara darum das Publikum zu animieren, bis hin zur La-Ola-Welle gegen Ende. So entstand tatsächlich Konzert-Atmosphäre, und es war ein echtes Erlebnis vor Ort dabei gewesen zu sein – nicht nur, weil es ihre erstes Konzert vor Vor-Ort-Publikum war und generell die beiden Auftritte die ersten einer Vtuberin auf einer europäischen Präsenzveranstaltung.

Vtuber*innen auf der DoKomi

Neben Stargast Kiara konnte man auch ein paar andere Vtuber*innen treffen – und zwar ganz real.

Selphy und zwei ihrer Jungs am Stand

Beispielsweise Selphy, die mit eigenem Stand vertreten war und Merch verkaufte (was zum Teil bereits am Samstag ausverkauft war). Auch jayuhime war mit Stand vor Ort – allerdings im Fokus als Zeichnerin, nicht als Vtuberin. Was nichts daran änderte, dass ihr Stand für viele andere Vtuber*innen der deutschen Szene ein Fixpunkt war – zum treffen, abhängen und Taschen abstellen. Ebenfalls als Zeichnerin zugegen war jen_tsukase, die jedoch im FSK18-Bereich nicht für alle besuchbar war. Im regulären Artist-Bereich waren dabei auch bekannte europäische Vtuber*innen zu finden, namentlich: Lumi aus Finnland (im Cosplay von sich selbst) und Merry aus Dänemark. Die beiden teilten sich einen gemeinsamen Stand.

Natürlich waren aber viel mehr auf der DoKomi zu Besuch – und man konnte einige treffen. Teils wurde über Twitter gesucht, teils über Discord-Communitys verabredet, und teils natürlich auch einfach privat.

Lumi und Merry

Für viele Vtuber*innen war dies auch die erste Con, seitdem sie vtuben – entsprechend dürfte es für sehr viele das jeweils erste Treffen gewesen sein. Ich selbst habe es sehr genossen, andere zu treffen – insbesondere einige der Leute von VTality, mit denen ich schon länger oft im Voice auf deren Server (dem Partner-Server dieser Seite) abhänge oder auch Collabs gemacht habe. Ein tolles Erlebnis, einfach zusammen auf dem Boden zu sitzen und zu quatschen. Sicher geht es anderen ebenso – diese DoKomi wird für immer die erste Con sein, auf der sich viele deutsche Vtuber*innen erstmals getroffen haben und zusammengekommen sind.

Abseits der Auftritte von Kiara gab es jedoch keine weiteren themenrelevanten Programmpunkte. Schade! Nach der „Vtuber-Edition“ des Online-Ablegers DigiKomi hatte ich gehofft, es würde vielleicht den ein oder anderen Workshop zu Themen wie Model-Erschaffung, Einrichtung oder Streamen an sich geben. Da der Fokus aber nun auf den Kernthemen Anime, Manga, Cosplay und Japan lag ist dies nur meine persönliche Enttäuschung und kein valider Kritikpunkt an der Veranstaltung. Man kann es naturgemäß nie allen gleich recht machen.

Allgemeines

DesInochi beim Auftritt im Matinee

Wie üblich gab es eine Hallo voller Verkaufsstände – wobei inzwischen Anime, Manga und Cosplay gefühlt untergehen gegenüber niedlichen Accessoires, Süßkram und Schwertern. Generell war alles weniger gegenüber der letzten Messe vor Corona. Beispiel Halle kommerzieller Aussteller: 144 Stände waren es 2019, 100 nun. Auch wenn einige Ausstellende mehre Stände bzw. Standnummern hatten, zeigt sich hier schon ein Unterschied. Anderes Beispiel, Workshops: 24 waren es dieses Jahr – 38 in 2019. Klar, pandemiebedingt gab es nicht einmal halb so viele Besuchende – durch die Abstandsregeln aber auch weniger Plätze bei allen Programmpunkten.

Gäste aus aller Welt waren natürlich auch weitaus weniger als „früher“ – dies sollte aber niemanden wundern. Dennoch gab es insgesamt ein vielfältiges Angebot, und der Fairness halber muss man auch sagen, dass die boomende Anime-/Manga-/Cosplay-Szene aus den Jahren vor Corona mit Unmengen an Ständen, Programm und internationalen Gästen verwöhnt ist. Die niedrigere Zahl an Menschen (15.000 Besuchende je Tag), der lokalere Fokus, das „kleiner“ sein – es erinnerte ein wenig mehr an Großcons früher, wo eben alles noch kleiner war. Mir zumindest hat persönlich nichts wirklich gefehlt (außer mein Lieblingskomiker Shinji Schneider aus der Schweiz). Man kann dies aber natürlich auch anders sehen, insbesondere auch wenn man bedenkt dass es für alle Beteiligten (Ausstellende, Besuchende, Veranstaltende) teurer geworden ist.

Da ich dieses Jahr wie eingangs erwähnt nicht als akkreditierte Presse auf der Con war, habe ich mich abseits des Themas Vtuben nicht bemüht umfassende Eindrücke des Events zu sammeln. So habe ich mehr privat gestöbert und mehr Zeit damit verbracht, entspannt mit Leuten zu chillen und nur wenige Programmpunkte anzusehen. Beispielsweise DesInochi, die dieses Jahr gleich zwei Auftritte hatte, oder eine der Hana no Machi Shows, die mir besonders durch die schöne Dekoration des Raums und den meditativen sowie Gute-Laune-verbreitenden Tanz der Yosakoi-Tänzerin in Erinnerung blieb. Es gab aber auch noch viele andere Beschäftigungsmöglichkeiten, wie Pen&Paper oder Videospiele zocken, Maid Cafe und Host Club, Turniere, Cosplay-Wettbewerb… für Langeweile sollte keinerlei Raum gewesen sein.

Fazit

Trotz mangelnder Abstandshaltung von 1,5 Metern fühlte ich mich nicht unsicher auf der DoKomi 2021 – und von diesem (großen) Punkt abgesehen war das Hygienekonzept überwiegend gut umgesetzt. So konnte ich – rund 19 Monate nach meiner letzten Präsenzveranstaltung – zwei tolle Tage verbringen, die wie im Flug vergingen und trotz fehlender Verpflichtung zu irgendwas viel zu kurz waren. Es war toll, wieder „zuhause“ zu sein, inmitten der blühenden Phantastik-Landschaft, umgeben von anderen Fans, Vtuber*innen sowie neuen und alten Bekanntschaften. Es war ein Genuss, wieder im Publikum zu sitzen, Shows zu sehen, und natürlich auch Geld für Merch auszugeben. Bestellen ist lame, auf Cons kaufen ist Erlebnis!

Einen Termin für nächstes Jahr gibt es bislang noch nicht. Hoffen wir mal, dass die Bedingungen dann wieder eine „volle“ bzw. „große“ und „umfangreichere“ DoKomi zulassen. Und wer weiß, vielleicht gibt es dann ja auch einen kleinen Vtubing-Bereich, wo wir mittendrin sein können? Mit noch mehr Vtuber*innen, mehr Treffen – und mehr Unterschriften für Kobayashi Yoshiros nächsten Wandschmuck? Stay hyped, 2022 wird viel beautVfuller!

Text und Fotos: ZockMiku